KURIOSES

von Rechtsanwältin Jasmin Gähler


Der höfliche Bankräuber


Die Taten gehen auf die Jahre 2017 und 2018 zurück: Ein Bankräuber erbeutete bei fünf Überfällen in Bern und Umgebung jedes Mal zwischen CHF 10‘000.– und CHF 18‘000.–. Begonnen hatte der Mann mit den Banküberfällen, weil sein Handwerksgeschäft in Konkurs ging und er in finanzielle Schwierigkeiten geriet.

Zu Anfang bezog der Mann Arbeitslosengeld, verzichtete jedoch nach einer Weile darauf und behauptete gegenüber seiner Frau, er habe wieder eine Stelle. Da dem nicht so war, sah er sich gezwungen, sich anderweitig Geld zu beschaffen. Als er in der Zeitung von einem Mann las, der ohne Waffe eine Bank überfallen hatte, sah er darin die Lösung seines Problems.

Wenig später probierte er dies gleich selber aus. Der Mann zog sich eine Sonnenbrille an, betrat die Bank in Köniz und stellte sich anständig in die Schlange der wartenden Personen, bis ein Schalter frei wurde. Als er an der Reihe war, übergab er der Angestellten ein Blatt mit dem kurzen Text: „Dies ist ein Banküberfall. […] Zahlen Sie CHF 19‘000.– in Zweihunderternoten aus. Wenn Sie nicht kooperieren: Ich habe eine Waffe und werde alle erschiessen.“

Zu seinem eigenen Erstaunen klappte dies umstandslos und die Bankangestellte händigte ihm das Geld aus, obgleich auch „nur“ CHF 11‘000.–. Das Geld verwendete er zur Begleichung von Rechnungen, anschliessend wollte er eigentlich aufhören. Da aber fortwährend neue Rechnungen kamen, überfiel er in ähnlicher Manier weitere Banken. Zuweilen bedankte er sich gar beim Personal, welches ihm das Geld aushändigte oder folgte der Aufforderung einer Bankangestellten, sich seiner Kapuze zu entledigen.

Die Überfälle sorgten für Schlagzeilen, weil das Gesicht des Mannes auf den Überwachungsvideos jeweils gut erkennbar war und die Polizei trotzdem mehr als ein Jahr im Dunkeln tappte. Die Serie endete erst beim fünften Überfall in Worb, als ein Bankangestellter den stillen Alarm auslöste. Der Bankräuber wurde nun kürzlich vom Regionalgericht Bern-Mittelland wegen räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, wovon er sechs Monate absitzen muss.