KURIOSES

von Rechtsanwalt Thomas Wehrli


Drum prüfe wer sich ewig bindet…


Art. 107 Ziff. 2 ZGB enthält eine Regelung, bei welcher man sich verwundert die Augen reibt: Ein Ehegatte kann verlangen, die Ehe für ungültig erklären zu lassen, wenn er sich aus Irrtum hat trauen lassen, d.h. wenn er die Ehe selbst oder die Trauung mit der betreffenden Person nicht gewollt hat. Aufgrund der Ausgestaltung des Zivilstandwesens in der Schweiz, wird dies gemäss Kommentar wohl nur bei einer Trauung im Ausland zur Anwendung gelangen. Da sich eine ähnliche Regelung im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch findet (§1314 Abs. 2 Ziff. 2: BGB: Aufhebung, wenn der Ehegatte nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschliessung handelt), scheint der Irrtum bei einer Hochzeit ein gängiges Problem zu sein.

Als Beispiel wird in der deutschen Kommentarliteratur der Fall genannt, dass man sich im Ausland auf eine religiöse Zeremonie einlässt, durch die nach Ortsrecht eine zivilrechtliche Ehe wirksam zustande kommt. Die Regel greift auch, wenn jemand bei einer Eheschliessung meint, nur an einer Generalprobe oder einer Filmaufnahme teilzunehmen – ein nahezu täglich anzutreffendes Missverständnis.

Der Irrtum über die Eigenschaften des Ehegatten wird nach Schweizer Recht nicht mehr als Ungültigkeitsgrund anerkannt, ausser wenn er darüber absichtlich getäuscht wurde (Art. 107 Ziff. 3 ZGB). Es muss sich um eine persönliche Eigenschaft handeln, (Ent-)Täuschung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Partners reichen nicht aus. Dass es sich nur um eine sehr tiefgreifende Täuschung handeln kann (z.B. Verheimlichung von Vorstrafen für schwere Delikte oder von schweren Erkrankungen), leuchtet ein: Wer kennt seinen Ehepartner vor der Heirat denn tatsächlich? Nicht zu den persönlichen Eigenschaften gehört übrigens das Heiratsmotiv, welches nicht zur Eheungültigkeit, sehr wohl aber zur Scheidung führen kann.