KURIOSES

von Rechtsanwalt Thomas Wehrli


Zuhause eine Gefahr für den Strassenverkehr


Dass man den Fahrausweis auch verlieren kann, wenn man betrunken mit dem Fahrrad unterwegs ist, ist mittlerweile bekannt. Auch dass man als Fussgänger möglicherweise den Fahrausweis abgeben muss, wenn die Behörde aufgrund des Verhaltens „begründete Zweifel“ über die Fahreignung hat. So weit muss man aber gar nicht „gehen“.

Im September des vergangenen Jahres feierte ein 38-jähriger Mann im Kanton Thurgau zusammen mit einem Freund die Geburt seines Sohnes. Zur Feier tranken sie Alkohol und hörten Musik. Offenbar fühlten sich dadurch die Nachbarn gestört, denn kurz nach 22 Uhr klingelte die Polizei. Die Polizei führte einen Alkoholtest durch, welcher zu diesem Zeitpunkt über 2 Promille zeigte. Nach dem Versprechen, leiser zu sein, verschwanden die Beamten wieder. Nach wenigen Tagen erhielt er aber Post vom Strassenverkehrsamt: Sein Fahrausweis wurde eingezogen. Ein Weiterzug des Fahrausweisentzugs blieb erfolglos: In seinem Fall sind die Richter davon ausgegangen, dass bei den von der Polizei festgestellten Alkoholwerten eine gewisse Alkoholgewöhnung und damit möglicherweise die Fahreignung ausschliessende Sucht gegeben sein könnte.

Ein Sicherungsentzug (Art. 16d SVG) wird verfügt, wenn die Fahreignung aufgrund Krankheiten oder Gebrechen, Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit oder charakterlicher Nichteignung nicht mehr gegeben ist. Der Sicherungsentzug wird stets auf unbestimmte Zeit ausgesprochen. In der selben Verfügung werden die Voraussetzungen genannt, die erfüllt sein müssen, um die entzogene Fahrberechtigung wieder zu erlangen. Damit liegt es an der betroffenen Person nachzuweisen, dass die festgestellten „Fahreignungsmängel“ behoben wurden oder nicht bestehen. Dies erfolgt in der Regel durch ein (teures) medizinisches oder psychologisches Gutachten, dass selbst bezahlt werden muss.

Doch wieso ist das erlaubt? Die Fahrfähigkeitsprüfung ist kein Straf-, sondern ein Verwaltungsverfahren. Die Unschuldsvermutung kommt in solchen Verfahren nicht zum Tragen. Mit diesem Zwischenentscheid wird die Verkehrssicherheit während der Abklärung der Fahreignung sichergestellt. Im Zweifelsfall ist zu Gunsten der Verkehrssicherheit zu entscheiden, sprich zu Ungunsten der betroffenen Person. Dass dies auch willkürlich erfolgen kann und die betroffene Person anschliessend mehrere Tausend Franken kosten kann, um die Wiedererteilungsbedingungen zu erfüllen, wird dabei wissentlich in Kauf genommen.