RECHTLICHES
von MLaw Philipp Hagen
Weshalb sich bei der Nachlassplanung der Gang zum Anwalt lohnt
Das Bundesgericht hat in einem kürzlich ergangenen Urteil (BGer 5A_133/2023 vom 19. Juli 2023) seine sowieso schon strenge Rechtsprechung zur Formgültigkeit von letztwilligen Verfügungen (Testamenten) bestätigt. Im besagten Fall hatte die Erblasserin ein handgeschriebenes Testament errichtet, hatte das Dokument in einen Umschlag gelegt, diesen mit dem Begriff „Testament“, ihrem Vor- und Nachnamen in Grossbuchstaben sowie dem Errichtungsort beschriftet und gleichentags dem Erbschaftsamt zur Aufbewahrung übergeben. Nur: Das Testament selbst hatte die Erblasserin nicht unterzeichnet. Das Bundesgericht kam daher trotz obgenannter Umstände zum Schluss, dass das Unterschriftserfordernis (Art. 505 Abs. 1 ZGB) nicht erfüllt wurde und das Testament daher ungültig sei. Die Unterschrift auf dem Umschlag wäre nur dann als gültige Unterschrift zu qualifizieren, wenn „der Umschlag als Teil des Testaments selbst erscheine“, d.h. das Testament als Beginn und der Umschlag als dessen Fortsetzung und Ende angesehen werden könne. Dies war in casu nicht der Fall.
Besonders bitter: Die Erblasserin setzte im Testament ihre Cousine A als Alleinerbin ein – ihre (offenbar weniger geschätzte) Schwester B liess sie unberücksichtigt. Ebendiese Schwester erhob die Ungültigkeitsklage und bekam am Ende recht. Da sie die einzige gesetzliche Erbin der Erblasserin war, erbte sie schliesslich alles!
Bei der Errichtung einer letztwilligen Verfügung sind viele Form-Vorschriften zu beachten. Ganz allgemein ist die Nachlassplanung eine sehr komplexe Geschichte. Fragen wie: Wer hat welche Pflichtteile?, soll ich vererben oder vermachen?, soll ich ein Testament oder ein Erbvertrag errichten?, brauche ich einen Willensvollstrecker? Welche lebzeitigen Zuwendungen sind auszugleichen/herabzusetzen? etc. können schnell überfordern. Daher lohnt sich hierbei in der Regel der Gang zum Anwalt.