RECHTLICHES

von Rechtsanwalt Thomas Wehrli


Klima vor Eigentum


In der Referendumsabstimmung vom 28. November 2021 nahm das Stimmvolk des Kantons Zürich mit einer Mehrheit die vom Kantonsrat Zürich erlassene Änderung des kantonalen Energiegesetzes an. Das Gesetz verpflichtet Gebäudeeigentümer, bis ins Jahr 2030 elektrische Gebäudeheizungen und elektrische Boiler durch energieeffizientere Anlagen zu ersetzen.

Gegen dieses neue Gesetz gelangten zwei Personen ans Bundesgericht (Bundesgerichtsurteil 1C_37/2022 vom 23. März 2023). Die Beschwerdeführer rügten, dass das vorgesehene Gesetz gemäss Art. 26 der Bundesverfassung einerseits die Eigentumsgarantie verletze und andererseits auch gegen die staatliche Entschädigungspflicht bei Eigentumsbeschränkungen verstosse.

Das Bundesgericht hielt fest, dass niemand einen Anspruch auf Beibehaltung der bestehenden Rechtsordnung hat. Eine Rechtsänderung muss jedoch die Grundrechte wahren. Zu den Grundrechten zählt die Eigentumsgarantie. Einschränkungen der Eigentumsgarantie müssen auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein. Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, müssen voll entschädigt werden.

Das Bundesgericht erwog, dass das Einsparpotenzial bei der Umstellung einer Elektroheizung auf eine Wärmepumpe im Jahre 2015 bei durchschnittlich 64 % des Stromverbrauchs lagen. Mit Blick auf eine ausreichende Energieversorgung und den Umweltschutz besteht daher ein erhebliches öffentliches Interesse an einer umweltschonenden sparsamen Energieverwendung. Dieser Grundrechtseingriff ist aufgrund der langen Übergangsfrist und den mutmasslich sowieso anstehenden Sanierungen – die letzten Elektroheizungen konnten bewilligungsfrei im Jahr 1991 gebaut werden – zumutbar. Auch eine Entschädigungspflicht ist nicht gegeben: Umweltschutz- und raumplanungsrechtlich bedingte Eingriffe in das Eigentum werden in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als in der Regel entschädigungslos zulässige Inhaltsbestimmungen des Grundeigentums beurteilt.

Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab. Der Klimaschutz gewinnt aber nicht immer: In einem Urteil vom 31. März 2023 wurde eine im Kanton Freiburg eingereichte Volksinitiative für kostenlose öffentliche Verkehrsmittel für ungültig erklärt, weil sie nicht mit der Bundesverfassung vereinbar ist. Gemäss Verfassung müssen die Kosten des öffentlichen Verkehrs zu einem angemessenen Teil durch die Nutzer bezahlten werden.