RECHTLICHES

von Sandra Gehrig, M.A. HSG, in Law and Economics


Die Tücken der Teilklage


Das Institut der Teilklage – d.h. das Einklagen nur eines Teils des gesamten Anspruchs – stellte bis anhin für die klagende Partei ein probates Mittel dar, um als Pilotprozess bei unsicherem Verfahrensausgang die Prozesschancen besser abschätzen zu können, ohne dabei im Falle einer Niederlage mit erheblichen finanziellen Konsequenzen konfrontiert zu sein. Die Abweisung einer Teilklage führte zudem dazu, dass sich die Rechtskraft nur auf den eingeklagten Teil der Forderung erstreckte. Somit konnte die klagende Partei den überschiessenden Teil der Forderung erneut bzw. an einem anderen Gericht einklagen. Der Richter im Nachforderungsprozess war nicht an das Urteil des ersten Prozesses gebunden (bzw. durfte dieses nicht berücksichtigen).

Das Bundesgericht hat diese Praxis nun für sogenannte echte Teilklagen geändert (BGE 147 III 345). Wird eine echte Teilklage erhoben, d.h. ein Teilbetrag einer ganzen Forderung eingeklagt (z.B. ein Teil eines streitigen Monatslohns), so erstreckt sich das Urteil nun neu auch auf den nicht beurteilten Teil der Forderung. Im Gegensatz zur echten Teilklage steht die unechte Teilklage, bei welcher nur einer von verschiedenen individualisierbaren Ansprüchen eingeklagt wird (z.B. ein Monatslohn von drei streitigen Monatslöhnen). Das Bundesgericht begründet den Entscheid damit, dass mit einer echten Teilklage ein „Sockelbetrag“ eingeklagt werde. Das Gericht dürfe eine echte Teilklage nur abweisen, falls es geprüft habe, dass der klagenden Partei aus dem Sachverhalt überhaupt keine Forderung zusteht. Entsprechend könne der klagenden Partei bei Klageabweisung auch keine über den Sockelbetrag hinausgehende Forderung zustehen.

Aufgrund dieses Urteils sind Teilklagen riskanter geworden. Die klagende Partei muss sich nun gut überlegen, ob und zu welchem Betrag sie eine echte Teilklage erhebt. Bei einem zu tiefen Streitwert ist eine andere Verfahrensart anwendbar und gewisse Rechtsmittelwege sind verkürzt. Entsprechend überlegt sollte man bei der Erhebung von Teilklagen vorgehen.