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von Rechtsanwalt Thomas Wehrli


Pflichtgemässes Verhalten nach einem Verkehrsunfall mit und ohne Sachschaden des Unfallgegners


Ereignet sich ein Unfall, an dem ein Motorfahrzeug oder Fahrrad beteiligt ist, so müssen alle Beteiligten sofort anhalten (Art. 51 Abs. 1 erster Satz SVG). Ist nur Sachschaden entstanden, so hat der Schädiger sofort den Geschädigten zu benachrichtigen und Namen und Adresse anzugeben. Wenn dies nicht möglich ist, hat er unverzüglich die Polizei zu verständigen (Art. 51 Abs. 3 SVG). Nur wenn der beteiligte Motorfahrzeug- oder Fahrradlenker unverzüglich anhält, kann geklärt werden, ob ein Schaden entstanden ist. Das Anhalten ist mithin die Voraussetzung für die Erfüllung der weiteren Pflichten auf der Unfallstelle.

Die Pflicht entfällt nur, wenn von vornherein zweifelsfrei feststeht, dass kein Fremdschaden eingetreten ist. Hält der Fahrzeuglenker an und unterlässt er die Benachrichtigung des Geschädigten oder der Polizei, verletzt er seine Pflichten nach Art. 51 Abs. 3 SVG, wenn tatsächlich ein Sachschaden entstanden ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_470/2021 vom 27. September 2021 Erw. 1.1.1.). Wer bei einem Unfall Pflichten verletzt, die ihm das SVG auferlegt, wird mit Busse bestraft (Art. 92 Abs. 1 SVG).

Die Unterlassung der sofortigen Meldung eines Unfalls an die Polizei erfüllt den objektiven Tatbestand der Vereitelung einer Massnahme zur Feststellung der Fahrunfähigkeit (Art. 91a Abs. 1 SVG), wenn (1) der Fahrzeuglenker gemäss Art. 51 SVG zur sofortigen Meldung verpflichtet ist, (2) die Meldepflicht der Abklärung des Unfalls und damit allenfalls auch der Ermittlung des Zustands des Fahrzeuglenkers dient (Zweckzusammenhang), (3) die Benachrichtigung der Polizei möglich war und (4) bei objektiver Betrachtung aller Umstände die Polizei bei Meldung des Unfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Atemalkoholkontrolle angeordnet hätte. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts muss stets bereits mit der Anordnung einer Atemalkoholkontrolle gerechnet werden, wenn ein Fahrzeugführer in einen Unfall verwickelt ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_470/2021 vom 27. September 2021 Erw. 1.1.2 mit Verweis auf BGE 142 IV 324 Erw. 1.1.2. f.).