RECHTLICHES

von MLaw Katharina Mojzisek


Wiedergutmachung bei Sozialhilfebezug reicht eben doch nicht aus


Das StGB sieht in Art. 53 die Möglichkeit vor, dass auch wenn sich jemand strafbar gemacht hat, dieser nicht bestraft wird, wenn er eine Wiedergutmachung geleistet hat. Das heisst, der Täter muss den Schaden gedeckt haben oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen haben, um das bewirkte Unrecht auszugleichen. Ausserdem darf als mögliche Strafe höchstens eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr, eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Betracht kommen (Art. 53 lit. a StGB), das Interesse an der Öffentlichkeit und des Geschädigten an einer Strafe muss gering sein (Art. 53 lit. b StGB) und der Täter muss den Sachverhalt eingestanden haben (Art. 53 lit. c StGB). Dass dies nicht in jedem Fall möglich ist, zeigt sich an untenstehendem Fall aus dem Kanton Zürich, mit welchem sich das Bundesgericht kürzlich auseinandersetzen musste (Urteil 6B_51/2021 vom 11. Juni 2021).

Eine Frau wurde vom Januar 2016 bis August 2018 fast ununterbrochen finanziell von den Sozialen Diensten Zürich unterstützt und arbeitete aber gleichzeitig in der Zeit vom Januar 2016 bis Juni 2017 als Reinigungskraft. Dafür wurde sie im Februar 2020 vom Bezirksgericht Zürich wegen Betruges (Art. 146 Abs. 1 StGB) zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätze à 30 Franken sowie zu einer Busse von 300 Franken verurteilt. Damit war die Frau nicht einverstanden und sie zog das Urteil ans Obergericht Zürich weiter, das dem Bezirksgericht recht gab. So landete der Fall schliesslich vor Bundesgericht. Die Frau gestand zwar ein, ungerechtfertigt Sozialhilfeleistungen bezogen zu haben, sie argumentierte jedoch, dass sie den Verstoss sofort zugegeben habe, sich bei den Sozialen Diensten und den Strafbehörden des Kantons Zürich entschuldigt habe, die zu Unrecht bezogenen Sozialhilfeleistungen zurückzahle und keine weiteren Leistungen mehr beziehe. Damit habe sie die Voraussetzungen für eine Strafbefreiung für Wiedergutmachung erfüllt.

Das Bundesgericht führte dazu aus, dass das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung nicht automatisch entfällt, wenn der Täter volle Wiedergutmachung leistet oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um das bewirkte Unrecht wieder auszugleichen und die Voraussetzungen für eine bedingte Strafe erfüllt sind. Zusätzlich muss aufgrund der konkreten Umstände auch ein geringes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung gegeben sein. Das Obergericht hatte in diesem Zusammenhang bereits festgelegt, dass es aus generalpräventiver Sicht bei Fällen, in welchen ein Delikt von vielen begangen werde, wie Versicherungsbetrug mit einem grossen Dunkelfeld eine Strafbefreiung auch bei vollständiger Wiedergutmachung unerwünscht sei. Aus generalpräventiven Gesichtspunkten würde eine Strafbefreiung im vorliegenden Fall das falsche Signal an potentielle Sozialhilfeempfänger senden, dass Sozialhilfebetrug keine weiterreichenden Konsequenzen als die Rückzahlung der zu Unrecht bezogenen Beträge zur Konsequenz hätte. Damit wäre Sozialhilfebetrug zumindest einen Versuch wert und das Strafrecht verlöre seine abschreckende Wirkung in diesen Fällen. Sprich: Sozialhilfebetrug lohnt sich nicht!