AKTUELLES

von Rechtsanwalt Filip Tomic


Kindesunterhalt – Anpassung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung


Am 1. Januar 2017 wurde das neue Kinderunterhaltsrecht eingeführt. Mit dem damit geschaffenen sog. Betreuungsunterhalt sollte der Einkommensausfall des betreuenden Elternteils ausgeglichen werden, welcher infolge der Betreuung des gemeinsamen Kindes anfällt. Dadurch wurde vor allem für Kinder von nicht verheirateten Eltern ein wichtiger Fortschritt erzielt. Bei verheirateten Eltern wurde diese Position zuvor über den Ehegattenunterhalt abgeglichen.

Das Bundesgericht hat seit diesem Zeitpunkt mehrere wegweisende Urteile gefällt, um die unterschiedliche Praxis in den Kantonen zu vereinheitlichen. Am 9. Februar 2024 (Urteil BGer 5A_176/2023) wurde ein weiterer wichtiger Entscheid durch das Bundesgericht gefällt. Es ging um die Frage, ob der unterhaltspflichtige Elternteil eine Reduktion des ursprünglich in einem Entscheid festgesetzten Unterhalts verlangen kann, wenn sich das Einkommen des betreuenden Elternteils positiver als angenommen entwickelt hat.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichts vor der Einführung des neuen Unterhaltsrechts liess eine Senkung des Kindesunterhalts in einem solchen Fall nur zu, wenn ansonsten ein unzumutbares finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstanden wäre. Diese Rechtsprechung basierte jedoch noch nicht auf der Zweiteilung von Betreuungs- und Barunterhalt. Die strengen Voraussetzungen der bisherigen Rechtsprechung erachtete das Bundesgericht nun beim Betreuungsunterhalt zu Recht nicht als anwendbar, da dieser Teil des Unterhalts den Einkommensausfall des betreuenden Elternteils decken soll.

Bei einer Abänderungsklage muss der unterhaltspflichtige Elternteil jedoch berücksichtigen, dass durch die Reduktion des Betreuungsunterhalts wiederum mehr finanzielle Mittel frei werden, welche im Rahmen der Überschussverteilung dem Kind teilweise wieder als Unterhalt zur Verfügung stehen.