RECHTLICHES

von Dr. iur. Thilo Pachmann


Super League-Fall: Sportverbände müssen ihre Regeln anpassen


Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat kurz vor Weihnachten zwei weitreichende Urteile für die Sportwelt gefällt. Im Kern ging es in den beiden Verfahren C-333/21 (European Super League, “ESL”) und C-124/21 P (International Skating Union, “ISU”) um die Frage, ob die internationalen Fachverbände im Sport die Durchführung von nicht von ihnen organisierten Wettbewerben von ihrer vorgängigen Genehmigung abhängig machen und Sanktionen gegen Sportler und Vereine verhängen können, die an nicht genehmigten Wettbewerben teilnehmen.

So taten dies etwa die FIFA und UEFA: Real Madrid und FC Barcelona (“Super League Company”) verfolgen mit der ESL nämlich das Projekt, einen neuen europäischen Fussballwettbewerb zu organisieren. Die FIFA und die UEFA geben sich in ihren Statuten jedoch die Kompetenz, neue Wettbewerbe zu genehmigen bzw. zu untersagen – und gaben der ESL ihre Genehmigung nicht. Sie drohten Vereinen und Spielern bei Nichtbeachtung ihres Entscheids mit Ausschluss aus all ihren Wettbewerben.

Das europäische Wettbewerbsrecht verbietet es, Unternehmen mit dominanten Marktpositionen – gemäss EuGH können FIFA und UEFA als solche “Unternehmen” qualifiziert werden – diese Marktmacht zu missbrauchen (Art. 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU). Der EuGH entschied nun, dass obgenannte Statutenbestimmungen einen solchen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellen, wenn es keinen Rahmen gibt, der materielle Kriterien und detaillierte Verfahrensvorschriften vorsieht, die gewährleisten, dass die Vorschriften über die vorherige Genehmigung von Wettkämpfen transparent, objektiv, nichtdiskriminierend und verhältnismässig sind. Ob dieser Rahmen in casu gegeben sei, muss nun das angerufene Handelsgericht Madrid (welches sechs Fragen an den EuGH zur Vorabklärung gestellt hatte) entscheiden.

Sodann erkannte der EuGH, dass die Vorabgenehmigungsregeln der FIFA und UEFA auch eine Absprache einer Unternehmensvereinigung i.S.v. Art. 101 AEUV stellt, welche die Verhinderung von Wettbewerb bezweckt. Durch das Handelsgericht Madrid geprüft werden muss nun die Frage, ob diese Absprache durch legitime Gründe gerechtfertigt ist.

Durch die beiden Urteile hat der EuGH zum einen suggeriert, dass gewisse Regeln der Sportverbände wie etwa das Vorabgenehmigungsverfahren nicht mit EU-Wettbewerbsrecht vereinbar ist. Gleichzeitig hat er Hinweise gegeben, wie die Sportverbände ihre Regeln anzupassen haben. Unmittelbar nach Ergehen des Urteils kommunizierte die UEFA, bei ihr sei die notwendige Anpassung der Regularien bereits passiert. Ob die neuen Regeln tatsächlich rechtmässig sind, wird sich zeigen. Die ESL hat noch immer einen langen Weg (und mehr Gerichtsverfahren) vor sich.