RECHTLICHES
von Rechtsanwältin Paula Dauner
Die Nichtleistung eines eherechtlichen Prozesskostenvorschusses führt nicht zum Nichteintreten
Dem Urteil BGer 5A_568/2020 vom 13. September 2021 lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Ehemann A klagte am 22. September 2017 auf Scheidung von seiner Frau B. Das Gericht verpflichtete ihn zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses von CHF 5’000 an B. A weigerte sich jedoch, diesen Vorschuss zu zahlen, weshalb die Vorinstanz eine Frist von 20 Tagen zur Zahlung des Prozesskostenvorschusses an B ansetzte und mit Nichteintreten auf die Klage drohte, sollte die Zahlung ausbleiben. Am 17. September 2019 trat die Vorinstanz nicht auf die Scheidungsklage von A ein.
Die Vorinstanz stützte sein Nichteintreten auf Art. Art. 147 ZPO, wonach eine Partei als säumig gilt, wenn sie eine Prozesshandlung nicht fristgerecht vornimmt.
Die Verpflichtung eines Ehegatten, dem anderen in Rechtsstreitigkeiten durch Leistung eines Prozesskostenvorschusses beizustehen, ist Ausfluss der ehelichen Unterhaltspflicht nach Art. 163 ZGB und der ehelichen Beistandspflicht nach Art. 159 Abs. 3 ZGB. Die Pflicht zur Bevorschussung wurzelt somit im materiellen Eherecht.
Das Bundesgericht sah es dementsprechend kritisch, ob auch privatrechtliche Handlungen mit blosser Reflexwirkung eine Prozesshandlung nach Art. 147 Abs. 1 ZPO umfasst würden. Selbst wenn dies bejaht würde, müsse man Art. 147 Abs. 2 ZPO beachten.
Hiernach wird das Verfahren ohne die versäumte Handlung weitergeführt, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. Der Grundsatz ist somit die Weiterführung des Prozesses. Das Nichteintreten auf die Klage des vorschusspflichtigen Ehegatten erhebt die Bezahlung des Prozesskostenvorschusses demgegenüber in den Rang einer Prozessvoraussetzung (Art. 59 ZPO).
Dies bedarf nach der Vorschrift von Art. 147 Abs. 2 ZPO einer gesetzlichen Grundlage, da damit vom Grundsatz der Weiterführung des Prozesses abgewichen wird. Weder das ZGB noch die ZPO sehen eine solche gesetzliche Grundlage vor.
Das Bundesgericht stellte demnach fest, dass die Zahlung des Prozesskostenvorschusses des einen Ehegatten an den andern Ehegatten nicht als Prozessvoraussetzung betrachtet werden kann, da dies den Scheidungs-anspruch des klagenden Ehegatten untergraben würde. Art. 99 Abs. 3 lit. b ZPO schliesst zudem die Leistung einer Sicherheit für die Parteientschädigung im Scheidungsverfahren aus. Daher erklärte das Bundesgericht die Beschwerde für begründet und hob den Nichteintretensentscheid der Vorinstanz auf.