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von Rechtsanwalt Dr. Rafael Brägger


Antworten auf strittige Rechtsfragen rund um die Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar


Fussball ist ein Milliardengeschäft. Es erstaunt daher nicht, dass sich auch immer wieder Juristen über den Sport betreffende Streitfragen beugen. Drei von ihnen, die in Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft in Katar in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt sind, sollen nachfolgend rechtlich gewürdigt werden.

1. Der Beinahe-Last Minute-Ausschluss Ecuadors: Die Fussballverbände aus Chile und Peru, die beide einen WM-Startplatz erben wollten, warfen Ecuador vor, in 8 Qualifikationsspielen für die WM 2022 mit Byron Castillo einen nicht spielberechtigten Spieler eingesetzt zu haben. Dessen ecuadorianischer Pass sei nämlich, so der happige Vorwurf, gefälscht. Das Sportschiedsgericht CAS in Lausanne entschied am 8. November 2022 – weniger als 2 Wochen vor dem WM-Eröffnungsspiel (unter Beteiligung Ecuadors) – den Chilenen und Peruanern zwar Recht zu geben, Ecuador aber gleichwohl im WM-Tableau zu belassen. Ecuador erhält für die Qualifikation für die WM 2026 jedoch einen Abzug von 3 Punkten. Geburtsdatum und -ort im Pass des Spielers seien zwar, so das CAS, falsch, Byron Castillo aber dennoch Ecuadorianer und deshalb für Ecuador spielberechtigt. Sicherheitshalber liess Ecuador den Spieler für die WM 2022 aber zuhause…

2. Das Last Minute-Bierverbot: Zwei Tage vor dem Eröffnungsspiel entschieden die katarischen Behörden, dass der Verkauf von (alkoholhaltigem) Bier rund um die WM-Stadien nicht gestattet werde. Dies, nachdem im September 2022 noch kommuniziert worden war, an Fans mit gültigem Matchticket sei der Verkauf von Bier vor und nach dem Spiel erlaubt. Aus rechtlicher Sicht tangiert dieser kurzfristige Entscheid zwei Verträge: zum einen den Ausrichtervertrag zwischen dem Weltfussballverband FIFA und dem katarischen Fussballverband und dem lokalen Organisationskomitee, zum anderen den Sponsoringvertrag zwischen der FIFA und ihrem Werbepartner “Budweiser”. Konsequenzen befürchten müssen die FIFA und die WM-Ausrichter aufgrund dieses Entscheids jedoch kaum: Beide Verträge sehen standardmässig vor, dass Entscheide der lokalen Behörden stets zu beachten sind und Vorrang haben, ohne dass dies zu Schadenersatzansprüchen der Betroffenen führen würde.

3. Das (angebliche) Last Minute-Verbot der “One Love”-Armbinde: Diverse Mannschaften (darunter Deutschland und die Schweiz) planten, ihren Kapitän mit einer Armbinde mit der Aufschrift “One Love” antreten zu lassen, um für Toleranz und Diversität zu werben. Kurz vor den Spielen dieser Mannschaften liess die FIFA die betreffenden Verbände jedoch wissen, dass ihnen bei Verwendung dieser Binde sportliche Sanktionen drohen. Was war geschehen? Die Spielregeln (“Laws of the Game”) – welche nicht von der FIFA, sondern vom eigenständigen Fussball-Regelwerkmacher “IFAB” erlassen werden – sehen vor, dass Ausrüstung (zu der die Spielführerbinde gehört) “keine politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Statements und Bilder” haben darf. Die FIFA stellt den Mannschaften für die Weltmeisterschaft zudem gemäss Turnierreglement Kapitänsarmbinden zur Verfügung, die während der Spiele verwendet werden müssen. Diese Regel ist seit Jahren bekannt (während die “One Love”-Armbinde soweit ersichtlich von der FIFA nie genehmigt wurde), weshalb die Aufregung um die angebliche plötzliche Kehrtwende der FIFA (die bis hin zum Vorwurf der Intoleranz ging) unverständlich ist.