KURIOSES

von Rechtsanwalt Thomas Wehrli


Wegweisendes Urteil: Wer Sexarbeit in Anspruch nimmt, muss zahlen


Dank eines besonders dreisten Betrügers gilt Prostitution in der Schweiz nicht mehr als sittenwidrig (Bundesgerichtsurteil 6B_572/2020), womit neuerdings der Anspruch auf Bezahlung für Sexarbeit strafrechtlich geschützt ist.

Im konkreten Fall hatte der Mann in einem Internet-Inserat jungen Frauen einen Verdienst von 2000 Franken in Aussicht gestellt. Eine Interessentin meldete sich und es wurde vereinbart, dass sie für 2000 Franken eine Nacht mit dem Mann verbringen würde – inklusive sexueller Dienste. Wegen des Auftretens des Mannes und seiner Zusicherung, das Geld bei sich zu haben, liess sich die Frau auf eine nachträgliche Bezahlung ein. Nach zweifachem Geschlechtsverkehr – und Entwendung von 41 Franken aus dem Portemonnaie der Sexarbeiterin sowie dem Löschen seiner Daten auf dem Mobiltelefon des Opfers – verliess der Mann das Hotelzimmer ohne Bezahlung.

Der Mann machte im Verfahren vor Bundesgericht geltend, dass der Prostitutionsvertrag sittenwidrig und damit kein rechtlich geschützter Anspruch auf ein Entgelt für die Sexarbeit bestehe. Deshalb sei beim Opfer gar kein Vermögensschaden eingetreten. Das Bundesgericht folgte dieser Argumentation nicht und qualifizierte das Vorgehen des Mannes als Betrug. Die Prostitution sei eine zulässige Tätigkeit, die auch unter dem verfassungsrechtlichen Schutz der Wirtschaftsfreiheit stehe. Das Erwerbseinkommen einer Prostituierten sei rechtmässig anerkannt. Es werde auch rechtlich in verschiedenen Bereichen erfasst. So unterliege die Prostitution der Einkommens- und Vermögenssteuer sowie der AHV. Die Bestrafung fiel aber vergleichsweise mild aus: Er muss dem Opfer Schadenersatz in Höhe von CHF 2’041.- bezahlen und erhält eine bedingte Geldstrafe von 50 Tagessätzen à CHF 110.- sowie eine Busse von CHF 300.-.