AKTUELLES

von Rechtsanwältin Flavia Dudler


Wohnungs- bzw. Geschäftsvermieter dürfen eine höhere Nettorendite verlangen


Mieter können die Höhe des Anfangsmietzinses für Wohn- und Geschäftsräume als missbräuchlich anfechten und dessen Herabsetzung verlangen, sofern damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird (Nettorendite) oder sich der Mietzins nicht im Rahmen der Orts- oder Quartierüblichkeit bewegt (Art. 269 OR; Art 269a OR) .

Das Bundesgericht hat in diesem Zusammenhang noch im alten Jahr eine Änderung der Rechtsprechung veranlasst. Es hat entschieden, dass Vermieter zukünftig eine höhere Nettorendite erzielen dürfen, sofern diese aus der Vermietung einer Neubauten-Liegenschaft erfolgt. Eine solche liegt vor, wenn die Mietliegenschaft weniger als 30 Jahre alt ist.

Das Bundesgericht hielt im besagten Entscheid fest, dass zur Berechnung der Nettorendite das investierte Eigenkapital nicht mehr nur zu 40 %, sondern neu zu 100 % der Teuerung angepasst werden darf. Darüber hinaus legte das Bundesgericht fest, dass der Vermieter einen Ertrag erzielen darf, der den jeweils aktuellen Referenzzinssatz um 2 % – und nicht wie bisher nur um ein halbes Prozent – übersteigen darf, solange der Referenzzinssatz wie aktuell nicht höher als 2 % liegt. Trotz dieser für die Vermieter erfreulichen Änderung der Rechtsprechung zeigt gerade der vorliegende Fall, dass vielerorts Vermieter von neueren Liegenschaften noch immer einen übersetzten Ertrag erzielen. Das Bundesgericht reduzierte den monatlichen Mietzins für die betreffende Wohnung im Kanton Waadt trotz Anwendung der neuen Berechnungsfaktoren von CHF 2’190 auf neu CHF 1‘390, somit um rund 35 %!

Der dem Entscheid zugrunde Sachverhalt zeigt eindrücklich, dass eine Neubautenwohnung u. U. sogar günstiger gemietet werden kann als eine ältere Wohnung, für dessen Mietzinshöhe im Rahmen der Missbräuchlichkeitsprüfung noch immer primär auf die Orts- und Quartierüblichkeit abzustellen gilt.

Die Anfechtung des Anfangsmietzinses kann sich für Mieter von neueren Liegenschaften somit trotz Änderung der Rechtsprechung durchaus lohnen.