KURIOSES

von Rechtsanwalt Dr. Rafael Brägger


PDF-Kopie von Facebook-Profil ungenügend


14’000 Seiten – das ist nicht etwa ein Auszug aus dem Lexikon, das “Tony” im Stück von Lukas Bärfuss auf den Kopf fällt. Nein, ein PDF mit 14’000 Seiten, in loser Schüttung abgespeichert auf einem USB-Stick, ist, was Facebook den Eltern einer verstorbenen Facebook-Nutzerin zustellte, nachdem diese vor Gericht den Zugang zum Profil ihrer Tochter beim Social Media-Giganten erstritten hatten.

Hintergrund des Streits ist ein Urteil aus dem Jahr 2015, das Facebook verpflichtete, den Eltern einer verstorbenen Facebook-Nutzerin Zugang zu deren Benutzerkonto zu gewähren. Die Eltern hofften, aus den dort einsehbaren Chat-Nachrichten Hinweise auf einen möglichen Suizid ihrer damals 15-jährigen Tochter zu finden. Facebook war der Meinung, es genüge, das betreffende Profil quasi “auszudrucken” und den Eltern diesen Ausdruck in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Damit gaben sich die Eltern nicht zufrieden und verlangten, ihnen sei der ungehinderte Zugang auf das Profil zu gewähren, das heisst die Login-Daten des Profils ihrer Tochter (Benutzername und Passwort) bekanntzugeben. Facebook hielt hingegen daran fest, mit dem Zustellen von 14’000 PDF-Seiten seinen Pflichten nachgekommen zu sein.

So geht das nicht, befand nun der deutsche Bundesgerichtshof (BGH). In einem Beschluss vom 27. August 2020 (III ZB 30/20) kam er zum Schluss, dass Facebook den Eltern den Zugang zum vollständigen Benutzerkonto ihrer Tochter gewähren muss. Den Erben müsse nämlich, so der BGH, die Möglichkeit gegeben werden, vom Konto und dessen Inhalt auf dieselbe Weise Kenntnis nehmen und sich darin so “bewegen” zu können, wie zuvor die ursprüngliche Kontoberechtigte. Der Nutzungsvertrag zwischen der Tochter und Facebook sei nämlich erbrechtlich auf ihre Eltern (als ihre gesetzlichen Erben) übergegangen. Nur die aktive Nutzung des Benutzerkontos muss nicht ermöglicht werden – Facebook-Grüsse aus dem Jenseits wird es also auch weiterhin nicht geben.