AKTUELLES

von Rechtsanwältin Jasmin Gähler


Sorgfaltspflicht von Banken bei Vollmachtverhältnissen


In einem kürzlich erschienen Urteil hatte sich das Bundesgericht mit der von Banken bei der Ausführung von Transaktionsaufträgen aufzubringenden Sorgfaltspflicht zu befassen. Eine Kundin der Bank hatte einem Bekannten eine allgemeine und unbeschränkte Vollmacht für mehrere Bankkonten erteilt, welche explizit auch die Befugnis umfasste, Handlungen zu Gunsten des Vollmachtnehmers vornehmen zu lassen. Der Bekannte der Bankkundin veruntreute in der Folge in 14 Zahlungsaufträgen rund 13 Millionen Schweizer Franken (in verschiedenen Währungen). Er liess die Gelder auf verschiedene Konten überweisen, teilweise auf seinen Namen, teilweise auf den Namen seiner Frau, teilweise bei der gleichen Bank, teilweise bei Drittbanken. Später transferierte der Vollmachtnehmer diese Gelder auf das Konto seiner Gesellschaft und erwarb dafür eine Immobilie für 12 Millionen Schweizer Franken, zusammen mit Hypotheken, welche ihm von derselben Bank, wo auch die Bankkundin ihre Konten hat, gewährt wurden. Die Bank nahm zwar mehrmals Rücksprache mit dem Vollmachtnehmer, nicht aber mit der Bankkundin. Als die Veruntreuung entdeckt wurde, verklagte die Bankkundin die Bank auf Zahlung der rund 13 Millionen Schweizer Franken. Beide Instanzen des Kantons Genf wiesen die Klage ab.

Das Bundesgericht wies darauf hin, dass sich ein Dritter, der sich gutgläubig auf die ihm mitgeteilte Vollmacht verlässt, gemäss Art. 3 Abs. 2 ZGB dann nicht auf diesen guten Glauben berufen könne, wenn er nicht diejenige Aufmerksamkeit an den Tag lege, welche unter den gegebenen Umständen von ihm verlangt werden dürfe.

Das Bundesgericht erwog, dass 13 der Zahlungsaufträge für die Bank erkennbar durch den Vollmachtnehmer ausgeführt wurden. Ausserdem war die Bank hier in einem Interessenkonflikt, da die transferierten Beträge als Garantie für die ihm von der Bank gewährten Hypotheken dienten. In dieser Situation hätte die Bank besonders aufmerksam sein müssen. Umso mehr, weil es sich auch um stattliche Beträge handelte. Ausserdem hätten mehrere Hilfspersonen der Bank an der Legitimität des Vollmachtnehmers gezweifelt, der Vollmachtnehmer sei stets nach demselben Muster und mit ähnlichen Begründungen vorgegangen und das Konto der Bankkundin sei durch die fortlaufenden Transaktionen vollständig geleert worden.

Unter diesen Umständen hätte die Bank jeweils eine Bestätigung von der Bankkundin für die Transaktionen einholen müssen. Da sie dies unterlassen hat, hat die Bank nicht den Grad an Aufmerksamkeit walten lassen, den die Umstände von ihr verlangt hätten. Entsprechend kann sich die Bank nicht auf den guten Glauben nach Art. 3 Abs. 2 ZGB stützen. Das Bundesgericht verurteilte die Bank daher, der Kundin rund CHF 12 Millionen Franken zu zahlen.