RECHTLICHES
von Rechtsanwältin Olivia Curiger
Die CAS Ad-Hoc Divisionen während den aktuellen Grossveranstaltungen
Die UEFA EURO 2024 wurde am 14. Juni 2024 mit dem Spiel Deutschland gegen Schottland eröffnet. Damit begann für die 24 EM-Teilnehmer der Kampf um den Pokal und für die Fans das Mitfiebern mit ihren Nationalmannschaften. Nur 12 Tage nach dem EURO-Finale beginnt in Paris bereits die spektakuläre Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele – erstmals ausserhalb eines Stadions, nämlich auf der Seine.
Neben den sportlichen Höchstleistungen kommt es bei solchen Grossanlässen regelmässig auch zu Rechtsstreitigkeiten. Der Court of Arbitration for Sport (CAS) setzt deshalb seit den Olympischen Sommerspielen 1996 in Atlanta sogenannte Ad-Hoc Divisionen (CAS AHD) zur Beurteilung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen ein (Art. S6 Abs. 8 CAS Code). Die CAS AHD werden seit 1998 auch für die Commonwealth Games, seit 2000 für die UEFA EURO und seit 2006 für den FIFA World Cup eingesetzt. Zusätzlich gibt es seit 2016 bei den Olympischen Spielen die CAS Anti-Doping Division (CAS ADD), die für die Beurteilung von Dopingfällen zuständig ist.
Der International Council of Arbitration for Sport (ICAS) wählt für jede der soeben genannten Grossveranstaltungen eine Anzahl von Schiedsrichter*innen aus, welche die CAS AHD bilden. Die Auswahl ist auf die geschlossene Liste der Schiedsrichter*innen des CAS beschränkt. Für die UEFA EURO und den FIFA World Cup müssen die Schiedsrichter*innen zusätzlich auf der so genannten Fussballliste des CAS aufgeführt sein. Kurz vor der Eröffnung der jeweiligen Grossveranstaltung werden die ausgewählten Schiedsrichter*innen öffentlich bekannt gegeben.
Aufgrund der grossen Bedeutung von Grossveranstaltungen im Verlauf einer Sportlerkarriere ist es unerlässlich, dass Entscheide von Sportverbänden und anderen Ereignissen innerhalb kürzester Zeit überprüft werden können, bevor sie sich auf den Wettkampf auswirken. Aus diesem Grund werden für die Verfahren vor den CAS AHD eigene Verfahrensregeln erarbeitet, die ein einfaches, schnelles und flexibles Verfahren gewährleisten sollen. Konkret haben die CAS AHD Panels ihre Entscheide im Rahmen der Olympischen Spiele innerhalb von 24 Stunden und im Rahmen der UEFA EURO innerhalb von 48 Stunden nach Eingang des Gesuchs einer Partei zu fällen, sofern nicht aussergewöhnliche Umstände eine Fristverlängerung rechtfertigen.
Um in dieser kurzen Zeit entscheiden zu können, sind im Vergleich zu den ordentlichen CAS-Verfahren, die in der Regel mindestens mehrere Monate dauern, verschiedene Verfahrensvereinfachungen vorgesehen. Beispielsweise haben die Parteien kein Wahlrecht bezüglich der Schiedsrichter*innen, die den Fall beurteilen. Um das Verfahren weiter zu beschleunigen, findet unmittelbar nach Eingang der Klage eine mündliche Verhandlung statt, an der alle Parteien teilnehmen. Grundsätzlich sind auch die Beweisanträge der Parteien unverzüglich zu stellen. Beantragt eine Partei die Möglichkeit, zusätzliche Beweismittel vorzulegen, die sie aus triftigen Gründen in der mündlichen Verhandlung nicht vorlegen konnte, so kann das Panel dies zulassen, soweit es für die Beilegung der Streitigkeit erforderlich ist.
Die Zuständigkeit der CAS AHD ist sowohl zeitlich als auch sachlich begrenzt. Im Rahmen der Olympischen Spiele ist die CAS AHD beispielsweise ausschliesslich in den zehn Tagen vor der Eröffnungsfeier bis zum Ende der Spiele zuständig. Dies kann insbesondere bei Fällen, welche die Qualifikation und Auswahl von Athlet*innen für die Olympischen Spiele betreffen, zu Fällen führen, die nur knapp nicht in die Zuständigkeit der CAS AHD fallen, weil die Streitigkeit beispielsweise 12 Tage vor der Eröffnungsfeier entstanden ist. Eine Beurteilung im Rahmen des ordentlichen CAS-Verfahrens ist bis zu den Olympischen Spielen in solchen Fällen jedoch kaum möglich (vgl. hierzu OG 22/002 Andrei Makhnev & Artem Shuldiakov & ROC v. FIS). Des Weiteren muss die Streitigkeit im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen stehen (Art. 61 Abs. 2 Olympische Charta).