KURIOSES

von Rechtsanwalt Thomas Wehrli


Andere Länder, andere Gerichtsverhandlungen


Phryne war eine der berühmtesten Kurtisanen des antiken Griechenlands, bekannt für ihre atemberaubende Schönheit und ihren Charme. Eines Tages wurde sie vor den Areopag, das höchste Gericht Athens, gebracht und wegen schamlosen Verhaltens im Lyceum und der Einführung einer neuen Gottheit anklagt. Die Situation schien düster. Ob nun Phrynes Anwalt, der geschickte Hyperides, den genialen Plan hatte, Phrynes Schönheit vor den Richtern zu enthüllen, indem er ihren Mantel fallen liess, oder ob es Phrynes Idee war, ihre Kleidung zu zerreissen und sich mit ihren nackten Brüsten vor den Richtern zu Boden zu werfen, da ihre Schönheit überzeugender war als die Rede ihres Verteidigers, mag dahingestellt bleiben. Die Richter waren jedenfalls so überwältigt von ihrer Anmut, dass sie sie freisprachen, womit Phryne einem drohenden Urteil entging.

Dieses Ereignis wurde zu einer Legende über die Macht der Schönheit und die Kunst der Verteidigung. Ihre Geschichte erinnert daran, dass manchmal unkonventionelle Mittel und eine Prise Charme Wunder wirken können, selbst vor den strengsten Richtern. Dem Vorgehen ist zudem nicht abzusprechen, dass die Gerichtsverhandlung wahrscheinlich viel unterhaltsamer wurde. Dennoch war das Vorgehen von Phryne wohl der Grund, weshalb nach dem Freispruch eine Verordnung verfasst wurde, dass kein Urteil fallen soll, während der oder die Angeklagte anwesend sind, damit sich kein Redner bemüht, Mitleid zu erregen.