RECHTLICHES
von Rechtsanwältin Martina Widmer
Irrtum über die gemietete Wohnfläche – Mietzins reduziert

Eine Vermieterin zeigte den Mietinteressenten A. zwei nahezu identische 6-Zimmer-Wohnungen im gleichen Gebäude mit gleichem Ausbaustandard. Die Mietobjekte lagen auf dem gleichen Stockwerk und wiesen unterschiedliche Flächen auf. Die Mietfläche der einen Wohnung betrug gemäss Mietvertrag 113m2 Wohnfläche, wofür pro Monat CHF 3‘190.– Mietzins verlangt wurde. Die andere Wohnung hatte eine Fläche von 107m2 bei einem monatlichen Mietzins von CHF 2‘620.–. Die Mieter A. entschieden sich für die teurere Wohnung und traten das Mietobjekt am 1. Mai 2010 an.
Am 4. Dezember 2014 bemängelten die Mieter A., dass ihre Wohnung nicht 113m2 umfasse, wie das im Mietvertrag und im ausgehändigten Wohnungsplan festgehalten wird, sondern nur 108.3m2. Der Vermieter vertauschte versehentlich die Grundrisspläne der beiden 6-Zimmer-Wohnungen, die im gleichen Zeitraum gebaut worden waren: Während die erste Wohnung anstelle der 113m2 eine Fläche von bloss 108,3m2 aufwies, war die zweite Wohnung statt 107m2 korrekt 113m2 gross.
Die Mieter A. der vermeintlich grösseren Wohnung beantragten eine Mietzinsreduktion ab Vertragsbeginn auf monatlich netto CHF 2‘620.- sowie die Rückerstattung der zu viel bezahlten Mietzinse. Die Vermieterin bestritt jedoch, dass es sich bei einer Flächenabweichung von unter 5% um einen wesentliche Mangel handelt, der zu einer Mietzinsreduktion berechtigt.
Das Mietgericht reduzierte den Mietzins proportional zur geringeren Fläche ab Mietbeginn auf CHF 3‘057.– monatlich. Das Obergericht bestätigte diesen Entscheid. Die Vermieterin gelangte daraufhin ans Bundesgericht.
Das Bundesgericht gestand den Mietern A. bezüglich der Grösse der Wohnfläche einen Grundlagenirrtum zu, der sich auf den Mietzins bezieht (Urteil 4A_108/2019). Es führt weiter aus, dass im Bereich der Mietverträge die zu vermietende Fläche ein wichtiger Faktor für die Beurteilung des verlangten Mietzinses und die Entscheidung über den Vertragsschluss sei. Die Mieter seien anders als beim Kauf nicht verpflichtet, die Flächenangaben der Vermieterin zu überprüfen. Beträgt der Flächenunterschied vorliegend rund 4.15%, liegt er zwar unter der bisherigen Grenze von 8%, allerdings sind die Umstände des Einzelfalls massgebend. Es sei offensichtlich, dass die Mieter den monatlichen Mietzins von CHF 3‘190.– nicht akzeptiert hätten, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, dass es sich dabei um die kleinere der beiden Wohnungen handelte. Bei einer Wertdifferenz von CHF 1‘596.- pro Jahr sei es unvorstellbar, dass dieser Mehrpreis den Mietern gleichgültig wäre.
Gemäss Bundesgericht ist es daher nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den Mietzins entsprechend der Flächenabweichung von 4.15% reduzierte und auf monatlich CHF 3‘057.– festsetzte