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 von Rechtsanwalt Dr. Rafael Brägger


Alle Jahre wieder – Vier Mythen rund ums Schenken aus rechtlicher Sicht


Auch dieses (bzw. mittlerweile letztes) Jahr haben die Kassen der Detailhändler und Onlineversandhäuser dank des Weihnachtsgeschäfts wieder ordentlich geklingelt. Weihnachtszeit ist Schenkzeit – nachfolgend wird darum ein kurzer Blick auf den juristischen Wahrheitsgehalt vier verbreiteter Mythen rund ums Schenken geworfen.

1. Geschenkt ist geschenkt – zurück holen ist gestohlen. Richtig: Mit dem Schenken einer Sache – Schenkung nach Art. 239 ff. OR – geht das Geschenk in das Eigentum des Beschenkten über (Art. 641 und Art. 714 ZGB). Behändigt der Schenker die Sache gegen den Willen des Beschenkten wieder, nimmt er fremdes Eigentum weg – ein klassischer Diebstahl im Sinne des Strafgesetzbuches (Art. 139 StGB).

2. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Teilweise richtig, denn darin verbirgt sich ein wahrer Kern: „Ins Maul schauen“ meint, eine Sache vor dem Erwerb auf mögliche Mängel zu prüfen (vgl. z.B. Art. 201 OR). Das ist bei einer geschenkten Sache zwar möglich, aber grundsätzlich nicht zielführend, weil den Schenker keine sog. Gewährleistungspflicht trifft: Er haftet dem Beschenkten nicht, wenn die geschenkte Sache Mängel aufweist. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Schenker sich hierzu ausdrücklich verpflichtet hat (Art. 248 OR).

3. Geschenke, die nicht passen, können zurückgegeben oder umgetauscht werden. Falsch: Das Gesetz sieht weder ein Rückgabe- noch ein Umtauschrecht (des Beschenkten) vor, falls z.B. ein Geschenk nicht gut ankommt (der Pullover ist zu klein, die Jacke hat die falsche Farbe, das gleiche Buch wird zweimal verschenkt). „Caveat emptor“, wussten deshalb schon die Römer, frei übersetzt: „Augen auf, Kauf ist Kauf.“ Rückgabe oder Umtausch einer Sache ist nur möglich, wenn der Verkäufer damit einverstanden ist. Häufig sehen die AGB von Detailhändlern und Onlineversandhäusern aber solche Rückgabe- oder Umtauschrechte innert bestimmter Fristen (z.B. innerhalb von 14 Tagen) vor.

4. Geschenkgutscheine können nicht ablaufen. Falsch: Es gelten die Verjährungsfristen des Obligationenrechts, d.h. fünf Jahre z.B. für Bücher- oder Restaurantgutscheine und zehn Jahre beispielsweise für Wellness- oder Kinogutscheine (Art. 127 und Art. 128 OR). Diese Fristen sind zwingend, können also weder verlängert noch verkürzt werden (Art. 129 OR). Für Gutscheine gelten also diese Fristen, und zwar unabhängig davon, ob der Gutschein ein Ablaufdatum hat oder nicht. Das bedeutet im Umkehrschluss – und dies die gute Nachricht –, dass ein Gutschein mit einer kürzeren „Gültigkeitsdauer“ (z.B. ein Jahr) gleichwohl je nachdem fünf oder zehn Jahre gültig ist.