RECHTLICHES
von Rechtsanwältin Flavia Dudler
Betreibung für Unterhaltsforderungen – wie lange soll ich damit zuwarten?
Das Gerichtsverfahren ist beendet und der Unterhalt für die Kinder und/oder den Ehegatten gerichtlich festgesetzt. Doch was ist zu tun, wenn der Unterhaltspflichtige seinen Unterhaltspflichten nicht nachkommt bzw. ab wann hat der Unterhaltsberechtigte eigentlich Anspruch auf Verzugszins?
Das Bundesgericht hat sich in seinem zur Publikation vorgesehenen Entscheid 5A_579/2018 vom 30. April 2019 mit dieser bislang umstrittenen Rechtsfrage befasst und höchstrichterlich geklärt, ab wann für Unterhaltsbeiträge Verzugszinsen geschuldet sind.
In der Regel wird durch Vereinbarung oder Urteil nicht nur die Höhe der zu leistenden Unterhaltsbeiträge festgesetzt, sondern sogleich auch der Zeitpunkt der Fälligkeit bestimmt. Praxisgemäss sind sie im Voraus auf den Ersten des Monats zu bezahlen. Wurde für die Erfüllung ein bestimmter Verfalltag verabredet, so kommt der Schuldner mit Ablauf dieses Tages ohne weiteres in Verzug. Art. 105 Abs. 1 OR hält indessen ausdrücklich fest, dass ein Schuldner, der mit der Zahlung von Renten im Verzug ist, erst vom Tage der Anhebung der Betreibung bzw. der gerichtlichen Klage an Verzugszins schuldet. Diese besondere Verzugszinsregelung beruht auf der Überlegung, dass Renten für laufende Unterhaltskosten und nicht als zinstragende Geldanlage verwendet werden. Zu klären war daher die Frage, ob auch Unterhaltsbeiträge unter die genannte Bestimmung fallen.
Hierfür hat das Bundesgericht auf den Sinn und Zweck des familienrechtlichen Unterhaltsbeitrages abgestellt, welcher ebenfalls darin liegt, die laufenden Lebenshaltungskosten des Berechtigten zu decken. Unterhaltsbeiträge sind keine Anlagen, zumal die Höhe grundsätzlich so bestimmt ist, dass für den Gläubiger gar keine Sparquote resultiert, die angelegt werden könnte. Folglich kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die privilegierte Verzugsregelung auch für Unterhaltsbeiträge gilt, womit erst ab Einleitung der Betreibung bzw. der gerichtlichen Klage an Verzugszinsen geschuldet sind.
Obwohl dieser Entscheid nicht vollumfänglich überzeugt, empfiehlt es sich daher, bei nicht bezahlten Unterhaltsbeiträgen so rasch als möglich die Betreibung einzuleiten, um als Berechtigter keinen weiteren Schaden erleiden zu müssen.