KURIOSES

von Rechtsanwalt Dr. Titus Pachmann


Kostensteigerung im Gesundheitswesen


Jeder in der Schweiz Wohnhafte muss gegen die Kosten von Krankheit und Unfall versichert sein – ein vernünftiger sozialpolitischer Grundsatz. Wie schmerzhaft das aber sein kann, erleben wir mit jährlichen Kostensteigerungen, die die Prämien in die Höhe drücken. Um den Gang zum Arzt zu bremsen, legt das Gesetz eine Kostenbeteiligung des Einzelnen fest, die eigenverantwortlich gewählt werden kann. Die möglichen Franchisen beginnen bei CHF 300.-/Jahr und steigen bis CHF 2500.-. Der Patient hat sich zusätzlich mit 10% an bestimmten medizinischen Massnahmen zu beteiligen. Ausgenommen von den Selbstbeteiligungen sind Komplikationen bei Mutterschaft. Personen unter 26 Jahren werden ebenfalls abgestuft finanziell entlastet.

Die Politik hat bislang das Einfrieren der Kosten im Gesundheitswesen nicht geschafft – zu viele Köche und zu viele Rezepte. Da die Kosten aber weiter steigen, will der Bundesrat die eigenverantwortlich und frei gewählte Franchise des Einzelnen erhöhen, „sobald die Kosten pro Person 13 mal höher liegen als die ordentliche Franchise“, was erstmals für das Jahr 2020 erwartet wird. Da die Kostensteigerung in Zukunft nicht stoppen wird, könnte auch die Anpassung durch den Bundesrat noch weitergehen. Der Bundesrat plant somit, die bestehenden Krankenversicherungsverträge einseitig zulasten der Versicherten zu ändern. Im Grund eine Steuererhöhung oder die Einführung einer neuen Steuer.

Das Parlament hat ein Dutzend anderer Lösungsvorschläge: Abschaffung der CHF 300-Franchise, Einführung sehr viel höherer Franchisen, etc. Was Volksvertretern doch so alles in den Sinn kommt. Jedenfalls ist der Versicherungsnehmer als das schwächste Glied im Gesundheitswesen erkannt worden. Und der soll jetzt bluten. Von Staats wegen.

Juristen kommen dabei ins Grübeln. Bei Studienbeginn lernen sie den Grundsatz kennen, dass Verträge einzuhalten sind (pacta sunt servanda), welchen schon die alten Lateiner kannten. Der Grundsatz hat sich hervorragend bewährt. Nun ist sozialstaatlich alles anders. Der Grundsatz soll in unserer liberalen und rechtsstaatlichen Schweiz über Bord geworfen werden. Schade darum, dem Bundesrat und Parlament sei Dank…